Der Blutegel (Hirudo medicinalis)

Der Blutegel gehört zur Gruppe der Anneliden oder Ringelwürmer. Er erfreut sich seit Jahrtausenden großer Beliebtheit in der Heilkunde. Seit Menschen einander heilen, spielt der Blutegel dabei eine große Rolle. Die Bezeichnung „Egel“ stammt vom dem griechischen Wort für echis = kleine Schlange. Der Egel wird deshalb sogar oft mit der Schlange des Aesculapstabes in Verbindung gebracht.

Obwohl der Blutegel vorübergehend zur Zeit der revolutionären medizinischen Entdeckungen des letzten Jahrhunderts etwas in Vergessenheit geriet, ist er heute wieder ein wichtiger Bestandteil in der Medizin.

Nicht nur für naturheilkundlichen Behandlungsmethoden wird der sensible Blutsauger eingesetzt. Seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts hat auch die rekonstruktive Chirurgie die kleinen Heiler wieder entdeckt, als das abgerissene Ohr eines kleinen Jungen nur durch ihre Hilfe wieder anwachsen konnte. Denn der Wirkstoff des Egelspeichels, das Hirudin regt die Mikrozirkulation des Blutes in den feinsten Adern und äderchen an, in dem es die Blutgerinnung hemmt.

Eine weitere Wirksubstanz im Speichel des Egels ist Calin,ebenfalls ein gerinnungshemmender Stoff, der dafür sorgt, dass die Bisswunde etwa 12 h nachblutet, dadurch kommt es zu einer Reinigung der Wunde und zu dem bekannten sanften Aderlass. Während dieser Phase tritt eine weitere Substanz, die Hyaluronidase in Aktion. Diese wirkt histaminähnlich und somit gefäßerweiternd --- das Blut strömt dadurch zu der Bißstelle.

Darüber hinaus sind noch weitere verschiedene entzündungshemmende Enzyme bzw. antibiotische Substanzen , wie Egline, Bidellin, Apyrase, Kollagenase, Destabilase u. Piyavit in der Saliva des Egels identifiziert worden.


Die Behandlung

Zunächst einmal: der Biß eines Blutegels ist nicht schmerzhaft.

Die Egel haben in der freien Natur kein Interesse daran, überhaupt bemerkt zu werden. Die Bisse werden von Patienten wie Brennesselstiche, Mückenstiche, ein leichtes Ziehen, Einstich von einer Injektionsnadel, oder manchmal auch als völlig schmerzfrei beschrieben. Ein späteres meistens erst nach Stunden, einsetzendes leichtes Jucken – ähnlich wie bei einem Mückenstich – geht auf die histaminähnliche Substanz Hyaluronidase zurück.

Der Egel ist mit 2 Saugorganen ausgestattet, während er sich mit dem einem Saugnapf sozusagen fest hält, beinhaltet der Mundsaugnapf einen kleinen dreizackigen Kiefer. Die Bisstechnik des Egels erfolgt durch diese 3 sternförmig angeordneten Sägeleisten, mit etwa 80 winzig kleinen Kalkzähnchen, die sich vorsichtig durch die Haut raspeln, um zum Ziel der Wünsche - dem Blut - zugelangen.


Die Indikationen

Die Blutegeltherapie kann insbesondere bei Thrombophlebitiden (Venenentzündungen), zur Blutverminderung (Aderlass) bei Plethora (Blutfülle), Hypertonie(Bluthochdruck), Furunkulosen, Abzessen u. chron.Entzündungen eingesetzt werden.

Aber auch zur segmentalen Beeinflussung innerer Organe und zur Therapie chronischer Schmerzen, bevorzugt beim postthrombotischen Syndrom (dumpfer Dauerschmerz nach einer Thromboseerkrankung) sowie bei Arthrosen, vor allem Gonarthrosen (Kniegelenksarthrosen) ist sie von großem Nutzen.